Was ist Epigenetik?
Bestimmt haben Sie Sätze wie diese auch schon einmal gehört: Da kann ich nichts dafür, das sind meine Gene …Du hast es ja einfach mit Deinen Genen…das liegt halt in meiner Familie ….
Wir kennen aber auch die diese für uns bisher unerklärlichen Abweichungen in Familien, wo z.B. die Mehrheit mit vererbten Krankheiten oder Gewichtsproblemen kämpft und dieses eine Familienmitglied schlank und gesund ist.
Während unsere DNA als Bauplan des Lebens gilt, ist die Epigenetik wie unser persönlicher Schalterkasten, der entscheidet, welche Teile dieses Bauplans wann und wie stark gelesen werden. Stellen Sie sich bildlich ihren Sicherungskasten im Keller ihres Hauses vor und diese Schalter können Sie quasi hoch oder runter schalten.
Die Epigenetik als Teilbereich der Biologie untersucht, ob und wie wir durch unseren Lebensstil wir z.B. Ernährung und Schlafgewohnheiten die Genaktivität verändern können, also den Schalter hoch oder runter legen, aber ohne dabei unseren vererbten DNA- Bauplan zu verändern. Diese Steuerung erfolgt u.a. über chemische Modifikationen wie Methylierungen, dazu später mehr.
Der Begriff "epigenetisch" stammt aus dem Griechischen: „epi-“ bedeutet „auf“ oder „über“, also „auf den Genen“. Es geht also um Mechanismen, die „über“ der Genetik stehen und die Genexpression – also das Ein- und Ausschalten von Genen – regulieren.
Geschichte der Epigenetik
Die klassische Genetik ging sehr lange davon aus, dass ausschließlich die vererbte DNA-Sequenz entscheidend ist, ob wir zum Beispiel schnell oder langsam altern.
Bereits 1942 führte Conrad Hal Waddington den Begriff Epigenetik ein, um den Prozess zu beschreiben, durch den Genotypen in Phänotypen übersetzt werden – also wie genetische Informationen sich in körperlichen Merkmalen ausdrücken. Waddington stellte sich auch die Möglichkeit vor, dass äußere Einflüsse den Verlauf des Prozesses beeinflussen könnten. Man hatte auch schon relativ früh angenommen, dass z.B. traumatische Erfahrungen aus den Kriegszeiten vererbt wurden, aber es gab damals keine Studien oder Methoden, dies nachzuweisen.
Erst in den letzten 20–30 Jahren gewann die Epigenetik durch neue molekularbiologische Methoden an Bedeutung. Die Entdeckung, dass Umweltfaktoren wie Ernährung, Stress oder Giftstoffe dauerhaft Einfluss auf die Genregulation nehmen können, hat unser Verständnis von Gesundheit, Krankheit und Vererbung revolutioniert.
Grundlagen und Mechanismen der Epigenetik
Wir wissen inzwischen, dass epigenetische Veränderungen beeinflussen, welche unserer Gene aktiv sind und welche stillgelegt werden. Aber wie genau funktioniert das und wie lege ich meine persönlichen Schalter um, damit ich idealerweise sehr lange gesund lebe?
Es wird jetzt ein bisschen trocken, aber Sie können auch direkt zum Punkt „Praktische Beispiele für Epigenetik im Alltag“ springen.
Die aktuelle Studienlage1 zeigt, dass 3 Mechanismen für epignetische Veränderungen verantwortlich sind
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DNA-Methylierung
Hierbei werden Methylgruppen an Cytosin-Basen in der DNA angehängt, insbesondere an CpG-Dinukleotiden. Diese Methylierung verhindert oft, dass das Gen abgelesen wird. Sie wirkt wie ein molekularer Ausschalter.
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Histon-Modifikationen
Histone sind Proteine, um die die DNA gewickelt ist. Durch das Anhängen von chemischen Gruppen an die Histone (z. B. Acetylierung, Methylierung) wird der Zugang zur DNA erleichtert oder erschwert. Durch diesen Prozess können Gene entweder aktiviert oder blockiert werden, also Schalter hoch oder runter.
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Nicht-kodierende RNAs
Mikro-RNAs und andere nicht-kodierende RNAs beeinflussen ebenfalls die Genexpression (Schalter hoch oder runter), indem sie mRNA-Moleküle abbauen oder deren Translation hemmen.
Einflussfaktoren auf epigenetische Modifikationen
Stress, Ernährung, Sport, Gifte oder Medikamente können epigenetische Veränderungen hervorrufen. Chronischer Stress kann z.B. die Methylierung von Genen verändern, die mit der Stressreaktion in Verbindung stehen, was langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Eine Ernährung wiederum, die reich an Methylgruppenlieferanten wie Folsäure und Vitamin B12 ist, die DNA-Methylierung positiv beeinflussen. Rauchen wurde mit Veränderungen in der DNA-Methylierung assoziiert, die das Risiko für verschiedene Krankheiten erhöhen können.
Diese Prozesse sind nicht nur reversibel, sondern auch – in manchen Fällen – vererbbar.
Epigenetik und Vererbung
Wie schon oben erwähnt verdichten sich die Erkenntnisse, dass epigenetische Veränderungen vererbt werden können. Das bedeutet, auch wenn die DNA unverändert bleibt, können epigenetische Marker vererbt werden, auch über Generationen hinweg.
In einer Studie 2 aus den Niederlanden wurde untersucht, wie sich epigenetische Veränderungen, in diesem Fall extreme Nahrungsknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg auf die nachfolgenden Generationen auswirkte.
Forscher fanden heraus, dass Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft hungern mussten, ein erhöhtes Risiko für Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und Adipositas hatten – und sogar die Enkelgeneration war betroffen. Ursache: epigenetische Veränderungen während der Embryonalentwicklung.
Praktische Beispiele für Epigenetik im Alltag
Es eine Reihe von Maßnahmen, die laut epigenetischer Forschung nachweislich positive Auswirkungen auf die Genaktivität haben und mit einer besseren Gesundheit, verlangsamter Alterung und potenziell längerer Lebensdauer in Verbindung gebracht werden.
Diese Maßnahmen beeinflussen die Aktivierung bzw. Stilllegung von Genen, also die epigenetischen Marker und beeinflussen nicht die DNA selbst.
Was kann ich jetzt konkret unternehmen, um in meinem persönlichen Schaltkasten die Hebel auf langes und gesundes Leben umzulegen?
Die gute Nachricht ist, laut einer neuen Studie3 kann ich die Schalter unter anderem mit unten genannten genannten Maßnahmen in die richtige Richtung umlegen. Die schlechte Nachricht ist, Sie ahnen es bestimmt schon, ich muss dran bleiben und die Maßnahmen auch wirklich regelmäßig durchführen.
- Ernährung
Empfehlung: Ernähren Sie sich epigenetisch und ausgewogen!
Bestimmte Nährstoffe wie Folsäure, Vitamin B12 und Polyphenole (z. B. in grünem Tee oder Kurkuma) beeinflussen die Methylierung von DNA. Auch zu nennen sind beispielsweise Quercetin, TMG-Betain, Calcium Alpha-Ketoglutarat, L-Theanin. Die letzten 4 Stoffe befinden sich u.. a. im Longevity-Produkt All-in-One von Xonigen (LINK, bzw. ein Bild vom Produkt inkl Link). Eine ausgewogene Ernährung kann also die Genregulation positiv beeinflussen. Ballaststoffe fördern eine gesunde Darmflora, die wiederum epigenetisch wirken kann.
- Sport
Empfehlung: Bewegen Sie sich regelmäßig!
Chronischer Stress verändert epigenetische Marker im Gehirn, diese Veränderungen können Depression, Herzkrankheiten und verkürzter Lebenserwartung einhergehen. Regelmäßige körperliche Aktivität verändert epigenetische Marker in Muskelzellen und kann Entzündungsprozesse reduzieren, das Immunsystem stärken und die Alterung verlangsamen.
- Stressbewältigung
Empfehlung: Reduzieren Sie ihren Stress!
Chronischer Stress kann z.B. die Methylierung von Genen verändern, die mit der Stressreaktion in Verbindung stehen, was langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Nutzen Sie die Maßnahmen, die Ihnen persönlich bei der Stressbewältigung helfen. Das können sowohl Meditation und Yoga, aber auch Sport oder enge soziale Bindungen sein!
- Toxine und Umweltgifte
Empfehlung: Vermeiden Sie Umweltgifte und Toxine so gut es geht!
Zigarettenrauch, Luftverschmutzung, Pestizide, Schwermetalle und Kunststoffe in Nahrung oder Körperpflegemitteln können epigenetische Schäden verursachen, die zur Entstehung von Krebs oder neurologischen Erkrankungen beitragen können.
- Kalorienrestriktion und Intervallfasten
Empfehlung: Nutzen Sie Intervallfasten oder ähnliche Fastenarten!
Kalorische Reduktion (Wichtig: ohne Mangelernährung) beeinflusst epigenetische Marker für Zellschutz, Autophagie, Sirtuine und steht mit Langlebigkeit in Verbindung .
- Schlaf
Empfehlung: Sorgen Sie für regelmässigen und ausreichenden Schlaf, ca. 7-9 Stunden pro Nacht gelten als ideal!
Insbesondere der Tiefschlaf spielt eine wichtige Rolle für die Epigenetik. Während des Tiefschlafs laufen im Körper zahlreiche regenerative Prozesse ab, die auch epigenetische Mechanismen betreffen. Zu wenig Tiefschlaf führt zu Veränderungen in der Methylierung von Genen, die mit Stressregulation, Stoffwechsel und Entzündungen zu tun haben.
Epigenetik in der Medizin
Diagnose, Prävention und Therapie greifen zunehmend auf epigenetische Erkenntnisse zurück. Durch aktuelle Forschungen und einer zunehmenden Anzahl von Studien wächst dieser Bereich der Epigenetik sehr schnell.
Wir bieten ins unserer Akadamie passende Weiterbildungsmöglichkeiten.
Epigenetische Biomarker
Forscher können jetzt schon anhand epigenetischer Marker bestimmte Krankheiten früh erkennen, etwa Brustkrebs oder Alzheimer. Bluttests auf DNA-Methylierungsmuster gewinnen an Bedeutung.
Krebstherapie
In der Onkologie gibt es bereits zugelassene Medikamente, die z. B. Methylierungen rückgängig machen können und Krebszellen wieder empfindlich für eine Chemotherapie machen könnten.
Psychiatrie
Auch bei Depression, Schizophrenie oder posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) spielt Epigenetik eine Rolle. Studien4 zeigen, dass Traumata epigenetische Spuren hinterlassen können, was neue Behandlungsansätze ermöglicht.
Gesellschaftliche und Ethische Implikationen der Epigenetik
Mit zunehmendem Fortschritt in der Epigenetik werden auch neue Fragen aufgeworfen:
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Inwieweit kann man z.B. Eltern für einen ungesunden Lebensstil verantwortlich machen, wenn dieser möglicherweise an die Kinder vererbt wird?
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Sollte medizinische Einflussnahmen auf epigenetisch Prozesse reguliert werden?
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Wie geht man mit sozialer Ungleichheit (z.B. Armut) um wenn diese epigenetische Spuren hinterlassen könnte?
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Darf epigenetisches Wissen in der Versicherungsbranche oder Arbeitswelt verwendet werden**?**
Diese und weitere Fragen verlangen eine verantwortungsvolle Debatte und möglicherwiese einer Regulierung.
Zusammenfassend
Die Epigenetik zeigt, Sätze wie… das sind halt meine Gene…sind nicht immer unbedingt zutreffend. Unser Lebensstil entscheidet zu einem großen Teil darüber, welche Gene aktiv sind – und welche eben nicht.
Dies gibt Anlass zur Hoffnung für Prävention von Krankheiten und gesundes Altern, denn wir haben es sozusagen selbst in der Hand welche Schalter wie umlegen. Unser Lebensstil und unsere Erfahrungen beeinflussen, wie unsere Gene arbeiten, und wir können dies sogar an unsere Kinder weitergeben.
Dieses Wissen eröffnet einerseits neue Wege für Medizin, Prävention und persönliche Gesundheit – verlangt aber auch nach einem neuen ethischen Bewusstsein.
Quellen