Werden wir demnächst alle über 100 Jahre alt?

Die Studie über die 117-jährige Maria Branyas zeigt: Langlebigkeit beruht auf seltenen Genvarianten und gesundem Lebensstil – mediterrane Ernährung, Bewegung, soziale Bindungen und wenig Stress fördern gesundes Altern.

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Werden wir demnächst alle über 100 Jahre alt?

Warum die Forschung so interessiert an einer im Jahr 2024 verstorbenen 117-jährigen Spanierin ist

Maria Branyas Morera wurde nachweislich 117 Jahre alt und starb im August 2024. Ihr Körper schien langsamer zu altern als bei den meisten Menschen. Glücklicherweise konnte noch vor ihrem Tod ein Forscherteam mit ihrer Erlaubnis ihren Körper umfassend untersuchen und so spannende Erkenntnisse gewinnen.

Bevor Sie jetzt sofort zu den Gewohnheiten von Frau Branyas weiterscrollen, um auch älter als 100 Jahre zu werden, müssen wir Ihre Begeisterung leider etwas zügeln.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse war nämlich, dass einerseits die Gene von Frau Branyas eine glückliche Kombination für ihre Langlebigkeit waren. Aber das Forscherteam geht davon aus, dass der flankierende Lebensstil ebenfalls eine entscheidende Rolle gespielt hat. In ihrem Fall haben sich Gene und Lebensstil hervorragend ergänzt.

Wenn ich also nicht diese seltene Genkombination habe, macht es dann überhaupt Sinn, einige dieser Gewohnheiten von Frau Branyas zu übernehmen?

Um diese Frage zu beantworten, tauchen wir jetzt etwas tiefer in die Studie und die gewonnenen Erkenntnisse ein, aber wir verraten aber schon an dieser Stelle:
Ja, aus unserer Sicht lohnt es sich, diese Gewohnheiten zu übernehmen.

Maria Branyas Morera wurde 1907 in San Franzisko geboren und hat bis zu ihrem Tod 2024 den größten Teil ihres Lebens in Spanien gelebt.
Sie hatte kurz vor ihrem Tod mit 116 Jahren zugestimmt, dass ein Forschungsteam über ein Jahr hinweg Speichel, Urin, Blut und Stuhl untersuchen durften. Das Ziel war herauszufinden, warum Frau Branyas so herausragend gesund gealtert ist.
Die Ergebnisse dieser Studie wurden September 2024 veröffentlicht.[1] Es ist das erste Mal das eine sogenannte „Supercentenarian“, also jemand der über 110 Jahre alt wurde, so genau untersucht wurde.
Die Studie zeigt, dass bei Frau Branyas mehrere Faktoren zusammengetroffen sind, gute Gene, gute biologische Eigenschaften und ein gesunder Lebensstil.

Seltene Kombination genetischer Varianten

Während der Untersuchungen wurden einige Varianten von Genen entdeckt, die sehr selten auftreten.  Diese schützen aber unter anderem gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Auf der anderen Seite waren typische Alterungszeichen wie verkürzte Telomere messbar.

Das Alter der Zellen von Frau Banyas wurde über Epigenetische Tests der DNA Methylierung ermittelt. Diese ergaben überraschenderweise Ergebnisse, die mit denen jüngerer Probanden übereinstimmten.

Hier gibt es also interessanterweise sich widersprechende Werte.
Verkürzte Telomere sind eigentlich ein eindeutiges Zeichen für Alterung und zeigen die biologische Alterung des Gewebes. Menschen mit kurzen Telomeren neigen außerdem zu Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen etc. [2]

Frau Banyas zeigte aber keine Anzeichen dieser Erkrankungen. Die Frage, ob die seltenen Genvarianten oder die gesunde Lebensweise vor diesen Erkrankungen schützen, kann zu diesem Zeitpunkt nicht sicher beantwortet werden.

Ernährung

In ihrem Darm wurde überdies eine hohe Anzahl von Bifidobakterien, wie sie z.B. in Joghurt vorkommen gemessen. Bifidobakterien gelten allgemein als entzündungshemmend. Frau Banyas hatte zudem angegeben, regelmäßig Joghurt zu essen.

Zusammen mit einer überwiegend mediterranen Ernährung (Fisch, Gemüse, Olivenöl etc.) könnte dies zu ihrem guten Allgemeinzustand beigetragen haben. Auch die Blutwerte zeigten eine stabile, gute Gesundheit.

Gesunder Lebensstil

Frau Branyas hat nicht geraucht und wenig Alkohol konsumiert, war stets aktiv mit moderater Bewegung und sozial beteiligt mit Familie und Freunden.

Was können wir von Frau Banyas lernen

Wir sollten trotz der Einblicke und mutmachenden Ergebnissen im Kopf behalten, dass dies aktuell die erste und einzige Studie an einer Supercentenarian ist. Diese Ergebnisse lassen sich daher nicht verallgemeinern. Auch Aussagen, essen Sie täglich Joghurt und Sie werden 100 Jahre alt, sind mit Vorsicht zu genießen.
Denn zum jetzigen Zeitpunkt bleibt unklar, welche der verschiedenen Faktoren (Gene, Ernährung, Lebensstil etc.) maßgeblich wirksam waren oder ob es die ideale Kombination all dieser Faktoren ist. Die Frage, ob ich ähnlich gesund alt werden kann, wenn ich die gleichen Faktoren besitze, kann daher noch nicht sicher beantwortet werden.
Trotzdem macht diese Studie Mut und zeigt, dass es möglich ist, ein sehr hohes Alter mit guter Lebensqualität zu erreichen.
Interessant ist besonders der Aspekt, dass der Nachweis von altersbedingten Telomerkürzungen auf ein messbar deutlich jüngeres epigenetisches Alter trifft.

Das könnte tatsächlich möglicherweise darauf hindeuten, dass ein gesunder Lebensstil ein wichtiger Bausteinsein könnte, um lange gesund zu leben.
Kommen wir zurück zu unserer Frage: Lohnt es sich die Lebensgewohnheiten von Frau Banyas zu übernehmen? Unsere Antwort ist: Ja, es lohnt sich!
Auch wenn es keinen hundertprozentigen Nachweis gibt, dass eine gesunde Lebensführung zwingend zu hohem gesundem Alter führt, sind die Punkte, die Frau Banyas anführt, fast deckungsgleich mit den Gewohnheiten der vielen 100-Jährigen in den Blue Zones. Hier können sie die 6 Gewohnheiten der Blue Zones nachlesen.

Kurz und knapp sind es folgende Lebensweisen, die globusumspannend für ein hohes gesundes Alter sorgen könnten:

  1. Ernährung – Mediterran und maßvoll
  2. Bewegung – moderat, aber regelmäßig
  3. Enge Soziale Bindungen – Freunde und Familie
  4. Geringes Stresslevel – Meditation und guter Schlaf
  5. Lebenssinn – Freude & Motivation
  6. Genuss aber maßvoll – wenig Nikotin und Alkohol

 

Fazit

Maria Branyas Morera ist ein hervorragendes Beispiel für gelebte Longevity. Es geht nicht darum so alt wie möglich zu werden, sondern länger mit guter Gesundheit zu leben und Frau Branyas zeigt, dass genau dies möglich ist. Sie war bis kurz vor ihrem Tod aktiv, geistig klar und bei weitgehend guter Gesundheit.
Unsere Gene können wir nicht ändern, aber wir haben mit unserer Lebensweise möglicherweise einen großen Hebel in der Hand, um unsere Genaktivität epigenetisch entsprechend zu beeinflussen.
Die erste Studie an einer Supercentenarian zeigt vielversprechende Aspekte im Bereich Longevity, es werden aber mehr wesentlich mehr Daten und Studien benötigt, um belastbare Hinweise für den Lebensstil zu finden, der uns gesund 100 Jahre alt werden lässt.

[1] The multiomics blueprint of the individual with the most extreme lifespan
[2] Telomere and Aging

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