Autophagie ist ein Prozess, bei dem Zellen beschädigte oder nicht mehr benötigte Komponenten abbauen und recyceln, was zur Langlebigkeit beiträgt.

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Autophagie – der innere Hausputz

Stell dir vor, du hast ein Haus, das über Jahre hinweg von Zeit zu Zeit renoviert wird. Alles, was alt und kaputt ist – kaputte Fenster, defekte Möbel, abblätternde Farbe – wird regelmäßig entfernt und durch neue, frische Materialien ersetzt. So bleibt dein Haus über Jahrzehnte hinweg in einem erstklassigen Zustand. Genau das macht die Autophagie in unseren Zellen.

Autophagie ist ein altgriechischer Begriff, der „sich selbst essen“ bedeutet, was eigentlich etwas drastisch klingt, aber genau beschreibt, was passiert. In der Biologie bezeichnet es einen natürlichen Prozess, bei dem Zellen beschädigte oder unnütze Bestandteile abbauen und verwerten. Dies kann defekte Proteine, beschädigte Zellorganellen wie Mitochondrien oder sogar Krankheitserreger umfassen. Dieser Prozess hilft dabei, Zellen gesund zu halten und spielt eine wichtige Rolle bei der Prävention von Krankheiten, insbesondere im Alter.

Einer der führenden Wissenschaftler auf diesem Gebiet ist der Japaner Yoshinori Ohsumi. Im Jahr 2016 erhielt er den Nobelpreis für Medizin für seine wegweisenden Arbeiten zur Autophagie. Ohsumi entdeckte die Mechanismen, die diesen Prozess in den Zellen steuern und zeigte auf, wie wichtig er für das Überleben und die Gesundheit von Zellen ist. Seine Forschung hat das Verständnis darüber, wie Zellen mit Stress und Schäden umgehen, revolutioniert.

Autophagie kann man sich wie einen Recyclingprozess in der Zelle vorstellen. Stellen Sie sich vor:

In einer Fabrik gibt es eine Abteilung, die alle defekten Maschinen und Werkzeuge sammelt, sie zerlegt und aus den brauchbaren Teilen neue Geräte baut. Dadurch spart die Fabrik nicht nur Ressourcen, sondern hält auch die Produktion aufrecht. In ähnlicher Weise spart die Zelle durch Autophagie Energie und Rohstoffe, indem sie alte, beschädigte Komponenten recycelt.

Die Autophagie wird vom Körper i. d. R. in „Notzeiten“ aktiviert, z. B. wenn der Körper auf Nahrung verzichtet bzw. verzichten muss, etwa während des Fastens. Fasten ist eine bekannte Methode, die Autophagie zu stimulieren. Wenn der Körper keine Nahrung erhält, beginnen die Zellen, sich selbst zu reinigen, indem sie beschädigte Bestandteile abbauen und als Energiequelle nutzen. Dies kann dazu beitragen, den Alterungsprozess zu verlangsamen und das Risiko für altersbedingte Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson zu reduzieren.

Ein Beispiel aus der Praxis: Viele Menschen berichten, dass sie sich nach Fastenperioden oder intermittierendem Fasten energiegeladener und klarer im Kopf fühlen. Dies könnte auf die Aktivierung der Autophagie zurückzuführen sein, da der Körper während des Fastens alte und beschädigte Zellen abbaut, was zu einer Art zellulärer Erneuerung führt.

Die Forschung zeigt auch, dass bestimmte Substanzen die Autophagie anregen können. Dazu gehören u. a. Resveratrol, das in Rotwein vorkommt und Spermidin, das in vielen pflanzlichen Lebensmitteln wie Weizenkeimen und Pilzen enthalten ist. Diese Substanzen wirken, indem sie die zellulären Signalwege aktivieren, die den Abbau und das Recycling beschädigter Zellkomponenten fördern.

Autophagie ist nicht nur ein interessantes Thema für Wissenschaftler, sondern hat auch praktische Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Der Prozess wird intensiv untersucht, um herauszufinden, wie er zur Bekämpfung von Krankheiten eingesetzt werden kann. Es gibt bereits Hinweise darauf, dass die Förderung der Autophagie durch Ernährung, Fasten und spezielle Nahrungsergänzungsmittel dazu beitragen könnte, die Lebensqualität im Alter zu verbessern und die Lebensspanne zu verlängern.

Insgesamt betrachtet ist die Autophagie ein faszinierendes Beispiel dafür, wie unser Körper auf natürliche Weise in der Lage ist, sich selbst zu reparieren und gesund zu bleiben. Durch ein tieferes Verständnis dieses Prozesses könnten wir eines Tages in der Lage sein, gezielt Maßnahmen zu ergreifen, um den Alterungsprozess zu verlangsamen und länger gesund zu leben.

 

Quellen:

  1. Ohsumi, Y. (2016). Nobel Lecture: Autophagy—From Beginning to End. org. Link zur Nobelvorlesung
  2. Mizushima, N., & Komatsu, M. (2011). Autophagy: Renovation of Cells and Tissues. Cell, 147(4), 728-741. DOI: 10.1016/j.cell.2011.10.026
  3. Levine, B., & Kroemer, G. (2008). Autophagy in the Pathogenesis of Disease. Cell, 132(1), 27-42. DOI: 10.1016/j.cell.2007.12.018
  4. Singh, R., & Cuervo, A. M. (2011). Autophagy in the Cellular Energetic Balance. Cell Metabolism, 13(5), 495-504. DOI: 10.1016/j.cmet.2011.04.004

 

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